Russischer Anti-Satelliten-Test

NASA-Vertreter und russische Beamte diskutieren über die Auswirkungen des unlängst durchgeführten Tests eines neuen russischen Anti-Satelliten-Raketensystems. US-Außenminister Anthony Blinken behauptet, das russische Weltraumexperiment habe die Sicherheit der internationalen Weltraumstation gefährdet. Amerikanische Astronauten auf der ISS erhielten vom Zentrum in Houston den Befehl, sich für eine Weile in der angedockten Raumkapsel Crew Dragon-3 aufzuhalten. Das US-Außenministerium behauptet, dass das Ziel, der alte sowjetische Satellit „Celina-D“, der 1987 gestartet worden war, in 1.500 Trümmerteile zersplittert sei.

Das Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation, erklärte, dass die Umlaufbahn der Splitter 40-60 Kilometer über der Umlaufbahn der ISS und in einer anderen Ebene liegt, was von der russischen Weltraumüberwachungsstation  „Okno“ in Nora (Tadschikistan) bestätigt wurde. Die Vereinigten Staaten jedoch, von ihren europäischen Verbündeten Frankreich und der EU unterstützt, unterrichteten sofort nach dem russischen Test den UN-Generalsekretär Antonio Guterres und übermittelten umgehend ihre Vorschläge zur Festlegung von „Normen für verantwortungsvolles Verhalten im Weltraum“.

War der Tests für die Russen erfolgreich? Der russische Verteidigungsminister Sergei Shoigu betrachtet die Zerstörung des Satelliten als eine Antwort auf die vielen provokativen Aktionen der USA im Weltraum. Der Test des russischen  Verteidigungsministeriums war geplant, denn die Entwicklung der russischen

landgestützten Anti-Satelliten-Rakete erfolgt seit 2011. Die russischen Militärs betrachten unter anderem den unbemannten US-Raumgleiter „Boeing X-37“, der  bereits mehrfach ins All geflogen ist und im Orbit in bis zu 750 Kilometern Höhe operieren kann, einen Frachtraum besitzt und darin Waffen transportieren kann, als Bedrohung und unverantwortliches Verhalten im Weltraum.

Russlands Anfragen an die USA, was der Zweck und die Aufgaben des X-37 sind, wurden von amerikanischer Seite ständig ignoriert. Der X-37 ist jedoch nur eine der amerikanischen militärischen Raumfahrtentwicklungen. Es gibt noch weitere, einschließlich Angriffswaffen. Alles das wurden geschaffen, um die Vorherrschaft der USA, entsprechend ihrer Doktrin, im Weltraum zu sichern. Im Jahr 2020 schufen die USA ihr Weltraumkommando und verabschiedeten ihre militärische Weltraumstrategie.

Interessanterweise ist Russland die vierte Macht, die mit ihrem Raketenabwehrsystem 30P6 „Kontakt“ und der Anti-Raketen-Rakete 53T6 ihr eigenes Objekt im Orbit abschoss. China hat dass schon im Jahr 2007 getan und seinen Satelliten „Fengyn“ mit einer Mittelstreckenrakete abgeschossen. Im Jahr 2008 folgten die USA und schossen mit dem Raketenabwehrsystem SM-3 ihren Satelliten „USA-193“ ab. Schließlich hat Indien 2019 erfolgreich einen seiner Satelliten abgeschossen.

Darüber hinaus ignoriert die USA seit Jahren die Initiative Russlands und Chinas über die Vorbereitung eines Vertrages zur Verhinderung des Wettrüstens im Weltall.

Die friedliche Seite der Tests ist, dass die Möglichkeit geprüft wird, große Objekte im Orbit zu zerstören, da sie zu groß sind, um vollständig in der Atmosphäre zu verglühen und ihr Absturz auf die Erde schwerwiegende Folgen haben kann. Daher sollte man sie, wenn sie nach langer Zeit eine erdnahe Umlaufbahnen erreicht haben, in kleine Teile zersplittern, die in den dichteren Schichten der Atmosphäre sofort verglühen.

Die Hysterie wegen des russischen Tests wird im Westen nur veranstaltet, um die Kampagne für die Stationierung von Waffen im Weltraum im US-Kongress voranzutreiben. Daher wurde den amerikanischen Steuerzahlern im letzten Jahr gesagt, dass die Russen und Chinesen heimlich an Waffen im Weltraum arbeiten. Russland und China haben im Sommer 2014 einen Vertragsentwurf zur Verhinderung der Platzierung von Waffen im Weltraum, der Anwendung von Gewalt oder der Androhung von Gewalt gegen Weltraumobjekte vorgelegt. Aber er wurde nicht akzeptiert und die meisten Weltraumländer sind dagegen. Sie befürworten ein europäisches Projekt, eine Konvention über Verhaltensregeln im Weltraum. Beide Dokumente überschneiden sich und weichen aber auch voneinander ab. So ist z.B. die Entmilitarisierung des Weltraums als eine der Komponenten der Sicherheit im Orbit nicht vorrangig im europäischen Projekt enthalten. Kritiker des russisch-chinesischen Vorschlages meinen, dass die in diesem Text enthaltenen Definitionen, zum Beispiel was als „Weltraumwaffe“ gilt, nicht klar genug gefasst sind. Nach Auffassung westlicher Politiker gehören Interkontinentalraketen, deren letzte Stufe oder deren Sprengkopf eine gewisse Distanz im Weltraum zurücklegen oder Antiraketen-Raketen, die Interkontinentalraketen im Weltraum bekämpfen, aber nicht im Weltraum, sondern am Boden stationiert sind, auch zu den Weltraumwaffen. Würde Russland dem zustimmen, so wäre es sofort seiner wichtigsten Waffen gegenüber den USA beraubt. Russische Experten gehen davon aus, dass der Abschuss des Satelliten zu Testzwecken westliche Vorbehalte gegenüber der russisch-chinesischen Initiative verstärkt hat. Mit Ausnahme Chinas, das selbst solche Tests durchführte und sich wohl deshalb neutral verhält, reagierten alle anderen Länder scharf gegenüber Russland.

Hinzu kommt, dass ein wesentlicher Kritikpunkt nicht einmal die Militarisierung des Weltraums ist, sondern die Entstehung einer Vielzahl von Trümmerteilen. Und das vor dem Hintergrund der Diskussion der internationalen Gemeinschaft in der UNO über die Begrenzung von Weltraummüll. Die internationale Diskussion zu dieser Frage hat in letzter Zeit stark zugenommen. Und Russland sieht nun, was den Weltraummüll betrifft, nicht gut aus. Der Test hat dem Ruf Russlands geschadet. Die Inder waren schlauer, sie zerstörten ein Ziel im niedrigen Orbit, so dass die Trümmer sich zerstreuten und sofort in der Atmosphäre verglühten.

 

(Quelle: Aksenov, S., Swobodnaja Pressa, 17.11.21, redaktionell bearbeitete Übersetzung)

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